Die Tagebücher

Warum hat die Nachricht vom Fund der Tagebücher meines Vaters, Hans Filbinger, ein so großes mediales Interesse erzeugt?

Im April 2013, sechs Jahre nach seinem Tod, berichtete die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS) über Hans Filbingers geheime Tagebücher. Der Fund von ungefähr 60 Plastik-Ringbüchern in DIN A5 Format und ein paar kleinen Notizbüchern aus der Zeit des 2. Weltkrieges, Fundort und die besonderen Umstände, die dazu geführt haben, lösten bundesweit große Aufmerksamkeit aus. Zudem hat der Einwand von zwei Geschwistern an der Verwendung von Originalzitaten im Buch Schlagzeilen gemacht und Neugier geweckt.

Echtheit – Authentizität – historische Bedeutung

Von 1940 bis kurz vor seinem Tod im Frühjahr 2007 hatte Hans Filbinger fast täglich handschriftliche Aufzeichnungen gemacht. Gedanken und Gefühle, Reflektionen, Meinungen über aktuelle Geschehnisse, 20 Jahre Regierungszeit in Baden-Württemberg als CDU Politiker, die Bedeutung, die der christliche Glaube für ihn hatte.Tagebuecher

Kein Zweifel besteht an ihrer Echtheit. Es ist seine Handschrift, seine Persönlichkeit, die Stationen seines Lebens, seine Frau und Kinder, über die er schreibt, Freunde, politische Weggefährten und Gegner sowie Personen der Zeitgeschichte.

Versteckt – Geheim – und doch ans Tageslicht gebracht

Fest verschnürt und versteckt auf einem Bücherregal seiner Bibliothek hatte er sie aufbewahrt, noch kurz vor seinem Tod chronologisch geordnet und auch diesen Vorgang in seinem letzten Tagebuch festgehalten. Keiner wusste von ihrer Existenz. Weder seinen Kindern noch engen Vertrauten hatte er davon je etwas erzählt.

2008Bibliothek

Am 12. Oktober 2009 fand ich die Tagebücher im Beisein eines engen Vertrauten meines Vaters. Viele Stunden Aktenstudium waren vorausgegangen, Sichten und Sortieren des umfangreichen Materials, in Vorbereitung für die Übergabe des „politischen Nachlasses“ an die Konrad Adenauer Stiftung.

Bleibt der Mythos über Hans Filbinger bestehen oder löst er sich auf?

Mein Vater ist zum Sinnbild „unbewältigter Vergangenheit“ in Deutschland geworden. An ihm manifestiert sich der Deutungskampf um eine bestimmte Geschichtsinterpretation der Republik.

IMG_3408_2Ob dieses in der Öffentlichkeit etablierte Bild weiter bestehen wird oder um neue Facetten zu ergänzen ist, wird nicht zuletzt die Auswertung der von ihm hinterlassenen Tagebücher zeigen. Als zeitgeschichtliche Dokumente sind die Tagebücher von Hans Filbinger bereits auf reges Interesse von Historikern und Zeitzeugen gestoßen.

Bis jedoch eine Einigung unter den Erben erzielt sein wird, liegen die vielen tausend eng beschriebenen Seiten der Tagebücher unter Verschluss im Archiv der Konrad-Adenauer-Stiftung in Bonn/Sankt Augustin.